Um dir diesen Text anzuhören, brauchst du keinen Nachteilsausgleich zu beantragen. Wir haben ihn auch so für dich eingesprochen:

Im Zusammenhang mit einem Studium mit Beeinträchtigung fällt immer wieder das Wort Nachteilsausgleich. Hier erfährst du was das genau ist und wie du einen beeinträchtigungsbedingten Nachteil ausgleichen kannst.

Was ist ein Nachteilsausgleich

Vielen Studierenden mit Beeinträchtigung fällt es schwer, die von ihrer Hochschule an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen. Damit Prüfungsbedingungen für Studierende mit unterschiedlichen Voraussetzungen möglichst ähnlich sind, gibt es den so genannten Nachteilsausgleich. Dieser beugt auch Diskriminierung vor.

Sehr wichtig ist, dass du einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachteilsausgleich hast. Die Inanspruchnahme eines Nachteilsausgleiches darf auch nicht in deinem Hochschulzeugnis vermerkt werden. Außerdem brauchst du keinen Schwerbehindertenausweis, um dein Recht auf Nachteilsausgleich durchzusetzen. Er ist nur eine Möglichkeit, um deine Beeinträchtigung nachzuweisen. Eine Andere ist die Vorlage eines ärztlichen Attests.

Nachteilsausgleiche bei Prüfungen

Im Studium gibt es unterschiedliche Prüfungsleistungen: Hausarbeiten, Klausuren, mündliche Prüfungen oder Referate zum Beispiel. Studierende mit Beeinträchtigung stehen also, je nach Prüfungsform, vor verschiedenen Herausforderungen. Sie benötigen möglicherweise mehr Zeit, sind auf Assistenz oder Hilfsmittel angewiesen und/oder können bestimmte Prüfungen wegen der eigenen Einschränkung nicht ablegen. Deshalb gibt es hier verschiedene Nachteilsausgleiche. Die folgenden Möglichkeiten zählen zu den bekanntesten Nachteilsausgleichen.

  • Änderung der Prüfungsform: Eine mündliche Prüfung kann zum Beispiel schriftlich abgelegt werden oder umgekehrt
  • Schreibzeitverlängerung, die je nach Beeinträchtigung variiert
  • In einem getrennten Raum schreiben, damit man durch Andere nicht gestört wird, die vorher abgeben müssen
  • Einsatz von technischen Hilfsmitteln wie Spezialtastaturen, Screenreadern und/oder Braillezeilen
  • Tippen einer handschriftlichen Klausur am Computer
  • Einsatz von Assistenz als Schreibkraft
  • Nichtwertung von Rechtschreibung und Grammatik bei Studierenden mit Hörbeeinträchtigungen oder Legasthenie

Was du genau für einen Nachteilsausgleich bekommst, hängt von der Art deiner Beeinträchtigung und deinen persönlichen Voraussetzungen ab. Bevor du den Antrag auf Nachteilsausgleich stellst, lass dich am besten beraten. Beauftragte für Studierende mit Beeinträchtigung arbeiten an deiner Hochschule. Sie kennen sich mit dem Verfahren an der Hochschule und ggf. auch für deinen Studiengang aus und wissen, welche Unterlagen du bis wann bei wem einreichen musst. Du könntest auch auf das Wort „Studienreferat“ Oder „Enthinderungsreferat“ stoßen, hinter denen sich ebenfalls Beratungsstellen oder nützliche Kontakte verstecken. Versuche auch mit anderen Studierenden mit Beeinträchtigungen zu sprechen. In den Erfahrungsberichten und Interviews auf dieser Website erzählen dir einige Studierende davon, welche Nachteilsausgleiche sie in Anspruch genommen haben.

Nachteilsausgleich bei der Studienorganisation

Nicht nur in Prüfungen kannst du einen Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen.
Das Studium ist häufig stark durchstrukturiert. Es kann pauschal festgelegt sein, in welchem Semester du welche Veranstaltungen besuchen und wie viele Prüfungen du ablegen musst. Wenn du viele Arzttermine hast, häufiger mal in ein Krankenhaus oder eine Klinik musst oder deine Beeinträchtigung zu (unvorhersehbaren) Studienunterbrechungen führt, kann das eine Herausforderung darstellen. Es gibt daher die Möglichkeit, den Studienverlaufsplan an deine beeinträchtigungsbedingten Bedürfnisse anzupassen.
Wichtig ist, dass sich die Veranstaltungen sinnvoll ergänzen und die in der Prüfungsordnung vorgesehene Reihenfolge eingehalten werden kann. Durch diesen individuellen Plan ist es theoretisch möglich, dass du dein Studium, statt in Vollzeit, in Teilzeit absolvieren kannst. Auch kann es sein, dass ein Hörsaal oder Seminarraum für dich nicht barrierefrei ist. In diesem Fall ist es ggf. möglich, dass die Lehrveranstaltung in einen anderen Raum verlegt wird, um dir die Teilnahme zu ermöglichen.
Solltest du einen Studiengang studieren, der sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit angeboten wird, kann es beeinträchtigungsbedingt möglich sein, zwischen Voll- und Teilzeitstudium zu wechseln. Informiere dich hierzu immer bei deiner Hochschule.

In den meisten Studiengängen kannst du dir deinen Stundenplan individuell zusammenstellen. Neben dem Studium gilt es, Freizeit, Haushalt und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Durch eine Beeinträchtigung wird die Studienorganisation oft noch komplizierter, denn viele Dinge dauern länger oder es müssen häufiger Arzt- oder Therapietermine wahrgenommen werden.

Aus diesen Gründen ist es oftmals notwendig, vor allen Anderen einen Stundenplan erstellen zu können. In vielen Lehrveranstaltungen ist die Teilnehmer*innenanzahl begrenzt. Um nicht im Nachhinein aus einer Veranstaltung gelost zu werden, gibt es die Möglichkeit, ein Vorwahlrecht bei der Erstellung des Stundenplans zu bekommen. So kannst du unter anderem sicherstellen, dass du an für dich barrierefreien Veranstaltungen teilnehmen kannst.

Je nach Art der Beeinträchtigung kann es Studierenden schwer fallen, regelmäßig an teilnahmepflichtigen Veranstaltungen mitzuwirken. Wenn das bei dir der Fall ist, kannst du mit den Lehrenden darüber sprechen, wie dir die Teilnahme ermöglicht werden kann. Es kann virtuelle Teilnahmen per Videokonferenz geben, oder du erhälst ausführlichere Skripte als andere Studierende.

Wie erhalte ich einen Nachteilsausgleich?

Das Antragsverfahren für Nachteilsausgleiche unterscheidet sich von Hochschule zu Hochschule und manchmal auch von Studiengang zu Studiengang. Bei einigen reicht ein kurzes Gespräch mit den Lehrenden, bei anderen muss ein Antrag ausgefüllt werden. Ausführliche Informationen und Beratung erhältst du von der oder dem Beauftragten für Studierende mit Beeinträchtigung deiner Hochschule.

Sorge möglichst früh für deine Nachteilsausgleiche. Das bedeutet, dass du dich mit dem Prüfungsausschuss, dem Prüfungsamt, den Prüfer*innen und/oder mit dem oder der Beauftragten für Studierende mit Beeinträchtigung in Verbindung setzt. Nur dann besteht eine Chance auf einen Nachteilsausgleich, aber bedenke, dass dein Fall geprüft wird.

Den Nachteilsausgleich musst du meistens schriftlich, aber formlos, beim Prüfungsausschuss bzw. Prüfungsamt beantragen. Im Antrag musst du begründen, welche Schwierigkeiten du aufgrund deiner Beeinträchtigung hast, die andere Studierende nicht haben und wie diese zu überwinden sind. Achte dabei darauf, dass die Menschen, die deinen Antrag bearbeiten, meistens über kein oder nur ein geringes Wissen zum Thema Beeinträchtigung verfügen. Versetze sie in die Lage, deine Begründungen nachvollziehen zu können. Übertreibe aber nicht mit persönlichen Geschichten. Für die Hochschule ist es wichtig, deine Sicht auf deine aktuelle (Prüfungs-)Situation zu verstehen und nachvollziehen zu können, wie dir die von dir beantragten Nachteilsausgleiche helfen können. Neben deinem begründeten, schriftlichen Antrag musst du zusätzlich einen Nachweis über deine Beeinträchtigung einreichen. Das kann zum Beispiel ein Schwerbehindertenausweis oder auch ein ärztliches Attest sein.

Infos und Beratung

Neben den Beauftragten für Studierende mit Beeinträchtigung der einzelnen Hochschulen beraten auch spezielle Referate der ASTEN. Diese gibt es zum Beispiel an der TH Köln und der Uni Köln. Sollte es an deiner Hochschule keine*n Beauftragten geben, kannst du dich auch an das Kölner Studierendenwerk wenden. Die Informations- und Beratungsstelle für Studierende mit Beeinträchtigung des Deutschen Studentenwerks stellt auf ihrer Website weitere Informationen zur Verfügung.

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